Weißer Adler auf weißem Grund
Meinungsäußerung zur Gestaltung des neuen Plenarsaals für das Land Brandenburg
Wie man hört, soll ein weißer Adler den Sitzungssaal des brandenburgischen Parlaments schmücken. Den Ideenfinder würde ich für den Roten-Adler-Orden vorschlagen. Denn zutreffender könnte keine Symbolik gewählt werden. Es ist ein alter Soldatenwitz, daß man die Kriegsflagge von unsicheren Bündnispartnern ironisch mit einem weißen Adler auf weißem Grund definiert. Wer solche weiße Fahne zugeschrieben bekommt, der erfreut sich keiner hohen Achtung. Und wer sich selbst damit schmücken will, dem ist nicht zu helfen. Der soll es auch tun.
Unser roter Adler käme wirklich nicht infrage. Er würde zu einem Etikettenschwindel führen. Wenn man bedenkt, daß die Mehrzahl der Schlüsselfunktionen in der Staatsverwaltung, Justiz, Polizei, Presse und Wirtschaft von Leuten besetzt ist, deren Herkunft links der Elbe liegt, dann wäre ein Brandenburger Adler wahrlich unangebracht. Dabei will ich gar nicht darauf eingehen, welcher Form von Auslese etliche dieser Zuwanderer zu Hause unterlagen.
Und der schwarze Adler Preußens steht für einen sparsamen Staat mit einer treu ergebenen bescheidenen und unbestechlichen Beamtenschaft. - Dann käme bestenfalls noch der amerikanische Weißkopfadler in Betracht, wenn man an die hauptsächlich englische Musikauswahl des RBB denkt. Fazit: nehmt Ihr erst einmal den weißen Adler und hebt unseren roten für bessere Zeiten auf.
Der Text wurde im Juni 2013 an die Leserpostredaktion der MAZ geschickt und weitgehend unverändert abgedruckt.
Dem folgte ein Brief an das Brandenburgisches Landeshauptarchiv folgenden Inhalts:
"...in den Zeitungen finden sich fast täglich Leserbriefe von Brandenburgern, die über den weißen Adler im Plenarsaal des neuen Landtagsgebäudes entsetzt sind. In einer Umfrage der MAZ sind fast 70% der Stimmen für den roten Adler. Dabei gibt es eine Verordnung über die Hoheitszeichen des Landes Brandenburg (Hoheitszeichenverordnung- HzV) vom 20. April 2007, (GVBl.II, 07, S. 106), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 22. August 2013, (GVBl.II, S.13), die den richtigen Adler definiert.
Wenn Sie beispielsweise darüber befinden, ob das Jüterboger Wappentier eine rote Zunge und ein ebensolches Gemächte haben darf, können Sie sich rechtlich auf die Verordnung übe kommunale Hoheitszeichen vom 13. Februar 2009 (GVBl. II, S. 106-110) berufen. Doch wie wollen Sie solche Entscheidungen weiterhin moralisch und fachlich rechtfertigen, wenn Sie den weißen Adler im Sitzungssaal des Landtages schweigend hinnehmen?"
Dem folgte ein weiterer, ebenfalls von der MAZ veröffentlichter Leseserbrief:
„Man stelle sich vor, ein Architekt baute ein christliches Gotteshaus und erklärte, das abschließende Anbringen eines Kreuzes würde sein Design stören. Und zum Entsetzen der Gemeindeglieder fänden das die Damen und Herren Prediger auch noch in Ordnung. Da käme der Glaube ganz schön ins Wanken. Und wie sieht es aus mit dem Glauben an den demokratischen Rechtsstaat, wenn wir die neue Gestaltung des Plenarsaales als Prüfstein nehmen? Schließlich handelt es sich hier um kein schicki-micki Partyzelt, sondern um das Hohe Haus, in dem die Volksvertretung unseres Bundeslandes tagt. Hier kann es keinen Spielraum geben, wenn es Ernst sein soll mit einer identitätsstiftenden Darstellung einer 800jährigen Geschichte des Landes. Das sieht die überwiegende Mehrheit der Brandenburger ebenso, wie die vielen Leserbriefe zeigen und die Meinungsumfrage der MAZ im Internet belegt. Das wäre ein Prüfstein für die Wahrhaftigkeit einer Demokratie. Und daß gegen die in der Landesver fassung exakt definierte Darstellung (vgl. Hoheitszeichenverordnung vom 20. April 2007, zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 22. August 2013, GVBl.II, S.13), des Wappens verstoßen wird, ist der Prüfstein für die Wahrhaftigkeit eines Rechtsstaates.“
Anschließend fragte ich bei Fraktionen des Landtages an, ob es dort Abgeordneten gäbe, denen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit so wichtig sind, daß sie sich für den weißen Adler im Plenarsaal schämten. Ich würde ihn gern kennen lernen wollen. In einer Antwort von der Landtagsverwaltung erläutert, das wäre kein Wappen, sondern "Kunst". Darauf gab es von mir nachstehende abschließende Antwort:
"Mit dem Neubau des Schlosses wird sogar ein Märchen wieder wahr. Und zwar das von des Kaisers neuen Kleidern, wie es Hans Christian Andersen so schön beschrieb. Wer seines Amtes würdig ist, der erkennt hohe Kunst in der weißen Blechplatte, während das ungebildete Volk ruft, unserem Adler fehlt die rote Farbe.
Da ich zu der letztgenannten Kategorie gehöre, bitte ich die Umstände zu entschuldigen, die ich Ihnen mit meiner Anfrage gemacht hatte."
Gut fand die die Zuschrift einers Lesers, der vorschlug, den Abgeordneten, die sich für den weißen Adler entschieden zukünftig die Diäten mit weißen Geldscheinen auszuzahlen und dem Architekten eine weiße Urkunde mit weißer Schrift für seine Lebensleistung auszuzeichnen.